Der Sonntag in der Ricoh Arena in Coventry stand ganz im Zeichen der Viertelfinals des Boyle Sports Grand Slam of Darts. 32 Spieler hatten das Turnier am vergangenen Montag begonnen und genau ein Viertel derer war vor den heutigen beiden Sessions noch im Rennen um die Eric Bristow Trophy und 125.000£ Preisgeld für den Sieger. Es sollte ein Tag der Thriller werden, an dem 121 von 124 möglichen Legs gespielt wurden!

Den Anfang machten am Nachmittag Michael Smith und José de Sousa, der am Freitag der erste Portugiese wurde, der sich für das Viertelfinale eines PDC Majorturniers qualifizieren konnte. “The Special One” legte dann auch in der Runde der letzten Acht einen großartigen Start hin. In den ersten drei Legs, die de Sousa alle gewinnen konnte, spielte er einen Average von 108 Punkten und Smith hatte zunächst mit seinen 89 Punkten im Schnitt nichts entgegenzusetzen. Mit 1:4 ging es aus der Sicht des Bully Boy in die erste Pause.
Auch in der Folgezeit fand Smith überhaupt nicht zu seinem Spiel und besonders sein für gewöhnlich so gutes Scoring ließ ihn im Stich. De Sousa wiederum spielte über die ersten zehn Legs 101 Punkte im Schnitt und marschierte mit einem deutlichen 8:2 in die nächste Pause.
Dann kam der Bully Boy endlich so richtig in der Partie an, während sich bei de Sousa die ersten Fehler auf die Doppel einschlichen. Daraus folgte, dass Smith sich sechs Legs in Folge sichern konnte und das Match im Eiltempo zum 8:8 ausglich. Es entwickelte sich ein absolutes Kopf-an-Kopf-Rennen und bis zum Stand von 14:14 schaffte es keiner der Spieler auch nur einen Vorsprung von zwei Legs herauszuspielen. Die Entscheidung wurde dann durch die Achillesferse von Michael Smith herbeigeführt. Er verpasste einen Dart um mit einem Break 15:14 in Führung zu gehen und ließ dann erneut drei Darts liegen um zum 15:15 auszugleichen. De Sousa nutzte dies aus und stand mit 16:14 als erster Halbfinalist fest.
“Ich bin überglücklich! Michael ist in den letzten Wochen in toller Form gewesen und dieser Sieg gegen ihn ist etwas ganz Großes für mich”, freute sich de Sousa über seinen Erfolg.

Auch das zweite Match des Nachmittags konnte einiges an Spannung bieten. Damon Heta aus Australien, der wie auch de Sousa in seinem ersten Major-Viertelfinale stand, bekam es mit dem achtmaligen Major-Champion James Wade zu tun.
“The Machine” legte los wie die Feuerwehr und lag in der ersten Session über weite Strecken bei einem Average von über 110 Punkten. Nur einige verpasste Doppel verhinderten ein 5:0 und mit 4:1 für Wade ging es in die Pause.
Heta, der selbst eine starke Partie spielte, kam gut in die zweite Session und kam auf 4:3 heran, bevor Wade wieder die Kontrolle übernahm. Mit 6:4 ging es in die nächste Pause und Wade schaffte es stets seinen Vorsprung von zwei bis drei Legs zu halten. Beide Spieler schafften es dabei ihren Average bei circa 100 Punkten zu halten – über diese lange Distanz absolute Weltklasse.
Beim Stand von 13:12 für Wade gelang Heta ein tolles 101er Finish zum Ausgleich – der erste Gleichstand seit dem 0:0.
Doch Wade spielte seine Erfahrung aus, behielt die Nerven und konnte die Führung wieder übernehmen, ehe er 96 Punkte mit dem letzten Dart zum 15:13 und zum entscheidenden Break ins Ziel brachte. Der Entstand lautete 16:13, wobei Wade über das komplette Spiel einen Average von über 100 Punkten spielte.
“In einigen Momenten fühlte ich mich schwach, in denen ich hätte davon ziehen sollen”, so ein kritischer Wade nach der Partie.

Die Abendsession eröffneten die beiden Young Guns Nathan Aspinall und Dimitri Van den Bergh. Aspinall hatte gestern Abend den amtierenden Grand Slam Champion Gerwyn Price aus dem Turnier genommen, während Van den Bergh der dominierende Spieler des diesjährigen Turniers war und in jedem seiner Spiele weit über 100 Punkte im Schnitt spielte. In ihrem Viertelfinale sollten beide Spieler recht deutlich unter dem Average von 100 bleiben, doch das wurde durch unglaubliche Spannung wieder wett gemacht.
Insbesondere Van den Bergh hatte Probleme seine Leistungen der letzten Tage zu reproduzieren und ließ vor allem auf den Doppelfeldern viele Chancen liegen. Aspinall nutzte dies aus, konnte sich die ersten drei Sessions alle mit 3:2 sichern und führte mit 9:6. Doch auch “The Asp” ließ immer wieder Chancen aus und Van den Bergh konnte nach 22 Legs zum 11:11 ausgleichen.
In der Schlussphase entwickelte sich eine Achterbahn der Gefühle für beide Spieler. Zunächst brachte sich der “Dreammaker” in die Pole Position auf den Sieg und ging mit 14:12 in Führung, ehe Aspinall drei Legs in Folge holte und nur noch ein Leg vom Sieg entfernt war. Im entscheidenden, 31. Leg konnte Aspinall dann die Triple-Felder nicht mehr finden und Dimitri Van den Bergh gewann mit einem Break zum Abschluss diesen Darts-Thriller.
“Heute war es ein unglaublicher Kampf! Ich habe nicht zu dem Spiel gefunden, das ich in den letzten Tagen gespielt habe. Das Gefühl als der Matchdart rein ging – einfach unglaublich”, sagte Van den Bergh bei Sky Sports.

Wer aber geglaubt hatte, dass damit der Höhepunkt an Dramatik an diesem Abend erreicht war, der sollte eines Besseren belehrt werden, denn es wartete noch das Match zwischen Michael van Gerwen und Simon Whitlock. Der Wizard hatte es in den letzten Monaten geschafft die Nummer 1 der Welt nicht nur beim World Matchplay sondern auch beim World Grand Prix zu besiegen.
MVG erwischte einen guten Start in das Match und spielte sofort einen Average von deutlich über 100 Punkten. Aber Whitlock schaffte es mit sehr gutem Scoring immer den Kontakt zu Mighty Mike zu halten und nach zwei Sessions stand es 6:4 für van Gerwen.
Beim Stand von 11:7 schien es dann, als ob der Niederländer sich absetzen könnte, doch sofort war Whitlock mit einem Break zur Stelle und konnte in der Folge bei 12:12 sogar ausgleichen.
Ein 146er Finish von van Gerwen zum 15:13 wirkte dann wie der entscheidende Schritt in Richtung Halbfinale. Doch das Match hatte noch eine dramatische Wendung parat. Zunächst vergab MVG drei Matchdarts bei 15:13 und Whitlock schaffte es noch einmal das Match zum 15:15 auszugleichen.
Im letzten Leg gab MVG dann wieder den Ton an und brachte sich in eine gute Position zum Sieg. Doch der dreifache Weltmeister vergab fünf weitere Darts zum Match und Whitlock verwandelte auf der Doppel 8 zum Sieg. Der Australier erzielte sagenhafte zwanzig 180er und stellte damit einen neuen Rekord für den Grand Slam of Darts auf!
“Es gibt keine Worte um das zu beschreiben! Das ist einer der besten Siege meiner Karriere”, strahlte Whitlock im Interview nach dem Thriller.

Morgen Abend übertragen Sky Sports, DAZN, Sport1 und RTL 7 dann ab 20 Uhr die beiden Halbfinals.

Boyle Sports Grand Slam of Darts 2020, Sonntag, 22. November, Viertelfinale, Best of 31 Legs
Nachmittagssession

Michael Smith 14:16 José de Sousa
Damon Heta 13:16 James Wade

Abendsession
Nathan Aspinall 15:16 Dimitri Van den Bergh
Michael van Gerwen 15:16 Simon Whitlock

Boyle Sports Grand Slam of Darts 2020, Montag, 23. November (20 Uhr), Halbfinale, Best of 31 Legs
Simon Whitlock – José de Sousa
Dimitri Van den Bergh – James Wade